Viele Kinder und Jugendliche erleben wir in zunehmenden Maße unruhig, leicht ablenkbar, überreizt, hektisch und unkonzentriert. Erste Versuche unsere Schüler und Schülerinnen an Stilleübungen heranzuführen werden fast ausschließlich positiv aufgenommen
Was liegt näher als diesem Bedürfnis nachzukommen und einen Meditationsraum einzurichten?
Der Raum für diesen Zweck wird vom Schulleiter, Herrn Woerlein, der für Innovationen und neue Ideen immer offen ist, zur Verfügung gestellt. Engagierte SchülerInnen und Kollegen verschiedener Fachrichtungen lassen sich begeistern und tragen zur Verwirklichung bei.
Ideen werden gesammelt, deren Realisation überprüft, Nachmittage, Samstage und Ferientage geopfert.
Der Erlös aus den zum Elternsprechtag vorbereiteten „gesunden Broten" legt den finanziellen Grundstock für die Ausstattung unseres Meditationsraumes. Weitere Kuchen- und Häppchenverkäufe bereichern unseren Etat zusätzlich.
Angetan von so viel Engagement folgen großzügige Spenden durch Elternbeirat und Schule. Der Erfolg einer Anfrage um finanzielle Unterstützung beim Bischöflichen Ordinariat in Augsburg lässt uns konkrete Pläne ins Auge fassen.
Großformatige Folienbilder an den Fenstern heben den Raum von den anderen Klassenzimmern ab.
Zur Gestaltung der Seitenwände kauften wir Seide, nähten daraus ein 2 x 2 Meter sowie ein 1 x 1 Meter großes Tuch.
Beide bemalten wir unter Verwendung von Seidenfarbe mit einem Mandala. Die Tücher mit den beiden Mandalas hängten wir auf Holzrahmen befestigt einander schräg gegenüber an freien Wänden auf.
Mit derselben Technik wagten wir uns an ein Bild, das Symbole für verschiedene Anliegen der Schüler zeigt. Dieses Kunstwerk ziert die Innentür unseres Meditationsraums.
Die Gangseite dieser Eingangstür lädt mit Plakaten, die Teil eines Schülergottesdienstes waren, zum Verweilen ein.
Material, wie z. B. Wolldecken, Bibeln, Liederbücher, Massagebälle, Klanginstrument, Sitzbänkchen, Kassettenrekorder und Kassetten oder CDs bringen wir unter in einem Regal, das uns der Hausmeister zur Verfügung stellte. Als Sichtschutz nähten wir aus Restbeständen alter Schulvorhänge Schals und befestigten sie mit Hilfe von Vorhangstangen am Schrank.
Außerdem werden im Meditationsraum Schülerarbeiten aus dem aktuellen Religionsunterricht aufgehängt, wodurch der Raum sich optisch wandelt und unseren Schülern ermöglicht sich selbst in diesem Raum wiederzufinden.
In der Mitte des Meditationsraums regt ein entsprechend zum Jahresfestkreis passendes Arrangement zur inneren Sammlung an.
Als Höhepunkt und von der Tür den Blick auf sich ziehend, gestalteten wir eine Ecke aus pyramidenförmig aufgebauten Ziegelsteinen mit daraufstehenden Kerzen und Schalen, welche die Aufmerksamkeit auf eine unmittelbar darüber hängende Kreuzikone aus Taize lenken. Das Tuch im Hintergrund ist gebatikt.
Der Meditationsraum sollte:
gegen störende Außengeräusche abgedämmt sein
sich möglichst nicht im Erdgeschoss oder im Keller befinden, da Beobachtung von außen ebenso wie Kälte stört
zu verdunkeln sein
über eine (evtl. fest installierte) Musikanlage und einen Diaprojektor verfügen
unbedingt bequeme Ausstattung (z B. weicher Teppichboden, Decken, Kissen, Meditationshocker) enthalten
farblich harmonisch gestaltet sein und nicht zu viele Möbel beherbergen
die technische Möglichkeit bieten, dass Schülerarbeiten aufgehängt werden können (z. B. Magnet- oder Pinnwand) um Identifikationsmöglichkeiten zu schaffen.
Im Religionsunterricht geht es auch darum, Gebet, Gottesdienst, Meditation und Stille nicht nur intellektuell zu „lernen", sondern diese wesentlich zum Menschsein gehörenden Erfahrungen wirklich zu erproben und zu erleben. Im Laufe eines Schuljahres bieten sich viele Gelegenheiten zur Umsetzung, sofern der Raum die Gruppe zahlenmäßig aufnehmen kann:
als eingeplanter Bestandteil des laufenden Religionsunterrichts
in einer Religionsstunde, die einer Schulaufgabe folgt
um einen besonderen Festtag zu begehen, ihn ins Bewusstsein der Schüler zu heben
für Frühschichten in der Fasten- oder Adventszeit.
Die Schülerinnen und Schüler lieben diesen Raum. Sie lieben ihn – auch- aber keinesfalls nur – weil dort keiner einen Leistungsnachweis verlangt. Sie halten sich dort gerne auf, weil er farblich harmonisch gestaltet zum Verweilen einlädt, weil er zum Zwecke des Gebets und des Gottesdienstes des Entspannens und verschiedenster Arten der Meditation einen Rückzug gestattet: Einen Rückzug in die Ruhe – heraus aus dem Alltag der Schule, heraus aus der Hektik des Abgefragtwerdens, der Hefteinträge und Arbeitsblätter. Einen Rückzug in einen geschützten und dafür eigens eingerichteten Raum, eben unseren Meditationsraum.
Gertrud Wolf,
Fotos: Kurt Lemmerz
Realschule Neusäß,
Landrat-Dr.-Frey-Str. 8
86356 Neusäß
Homepage: www.realschule-neusaess.de