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Salz der Schule …?"
Schulseelsorge als Pastoral der Begegnung

Autor/in Günther Bader, Innsbruck 
Quelle Österreichisches Religionspädagogisches Forum
Jahrgang/Nr./Seite
bzw. Datum
1998/1/S.22 - 27

1. Vorbemerkungen

Dem Anliegen zeitgemäßer Schulseelsorge wird heute im Handlungsfeld Schule sowie im religionspädagogischen Diskurs verstärkte Aufmerksamkeit geschenkt. Anstöße dazu kommen hauptsächlich aus einer Praxis, in der bisher übliche Traditionen (Schulmessen, Schulbeichte ...) zunehmend in Frage gestellt werden. Zum anderen geht die derzeitige Schulentwicklung immer mehr dahin, dass Schule nicht nur Wissensvermittlerin ist, sondern ein Lebens- und Erfahrungsraum, in dem Begegnungen, Beziehungen und (pastorale) Begleitung eine wesentliche Rolle spielen. Hier liegt ein entscheidender Ansatz für eine Pastoral der Begegnung (1) und der Begleitung. Veränderte schulische und pastorale Strukturen kommen einem solchen offenen Konzept, in dem man sich nicht nur auf Sakramentenspendung beschränkt, sehr entgegen. Damit kann Schulpastoral einen wesentlichen Beitrag zu einer neuen Schulkultur (2) leisten.

Im folgenden Entwurf, der sich als ein Diskussionsbeitrag versteht, möchte ich die Bedeutung des Lebensraumes Schule als einem möglichen Ort pastoraler Begleitung herausstreichen und einige Leitlinien heutiger Schulseelsorge skizzieren. Dabei sind mir die Grenzen, die sich in der schulischen Praxis zeigen, durchaus bewusst. Es kann jedoch nicht darum gehen, ein möglichst hohes Leistungsprofil zu erstellen und aufzulisten, was in der Schulpastoral noch alles zu tun wäre. Vielmehr möchte ich hier eine Orientierungshilfe vorstellen, die als Real-utopie einerseits Visionen und Wunschvorstellungen und andererseits die Realität in den Blick nimmt, wodurch zum eigenen Nach- und Weiterdenken angeregt werden soll. Selbstverständlich muss bedacht werden, dass die Voraussetzungen und konkreten Möglichkeiten je nach Schultype und Schule unterschiedlich sind.

2. Schulpastoral vor großen Herausforderungen

Die Schulseeelsorge ist - wie auch andere kategoriale Bereiche: beispielsweise Hochschulseelsorge, Militärseelsorge oder Krankenhauspastoral - von einem starken Wandel geprägt. Sie ist mit gesellschaftlichen Strömungen ebenso konfrontiert wie mit schulischen und kirchlichen Entwicklungen, deren Auswirkungen sie direkt oder indirekt spürt. Tendenzen und Probleme außerschulischer kirchlicher Jugendarbeit zeigen sich gleichermaßen in der schulischen bzw. schulbezogenen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.

Die Schulpastoral steht heute vor vielen offenen Fragen und vor neuen Herausforderungen. Einige Vertreter, die Schule und Kirche strikt trennen möchten, stellen sie gänzlich in Frage. Andere vermuten, dass ihr nur mehr eine Alibi-Funktion zukommt, die ihr noch aus Zeiten der Volkskirche erhalten geblieben ist. Sie wollen von einer "flächendeckenden" kategorialen Pastoral Abschied nehmen. Sie meinen, man sollte besser die Arbeit mit wirklich interessierten Schülerinnen und Schülern in die Gemeinde bzw. Pfarre verlagern, auch wenn man dort nicht mehr alle erreicht. Dem halten manche entgegen, dass es leichter ist, Kinder und Jugendliche über die Schule zu erreichen und anzusprechen, als über die Gemeinde.

Braucht es also (noch) Schulseelsorge als einen eigenen kategorialen Bereich? Wenn ja, an wen richtet sie sich? Wer sind die Träger, wenn es gegenüber früher nur mehr wenige Priester gibt - besonders im Höheren Schulbereich - , die in der Schule tätig sind? Ist Schulseelsorge nur das "Hobby" einiger besonders Engagierter oder gar einiger WichtigtuerInnen? Welche strukturellen Maßnahmen sind sinnvoll und zielführend? Wie kann sie gestaltet werden, so dass sie im Schulleben unentbehrlich ist?

Mit diesen und ähnlichen Herausforderungen der Schulpastoral setzen sich Betroffene wie Verantwortliche in Schule und Kirche seit längerer Zeit auseinander. Beispielsweise hatte in der Diözese Innsbruck der Priesterrat schon 1994 gewünscht, dass sich eine Gruppe mit der Thematik "Priester - Religionsunterricht - Seelsorge" befasst. Nach einer Studientagung hatte sich ein kleiner "Arbeitskreis Schulpastoral" in längerfristigen Abständen getroffen, um Erfahrungen an einzelnen Schulen auszutauschen und über Wege und konkrete Formen der Schulpastoral zu beraten. Die wichtigsten Überlegungen dieses Reflexionsprozesses finden sich in einem Diskussionspapier (3), das diesem Beitrag zugrunde liegt. Mittlerweile ist diese Thematik bei manchen Betroffenen wieder etwas in den Hintergrund getreten, wobei sich insgesamt beobachten lässt, dass sie phasenweise mit unterschiedlichem Interesse verfolgt wird.

In Deutschland haben die Bischöfe 1996 eine richtungsweisende Erklärung "Schulpastoral - der Dienst der Kirche an den Menschen im Handlungsfeld Schule" (4), herausgegeben, auf die in diesem Zusammenhang empfehlend hingewiesen werden soll. Im Rahmen des Fernkurses der Domschule Würzburg wurde ein eigenes Programm zur Fort- und Weiterbildung im Bereich Schulpastoral entwickelt, das zehn Studieneinheiten mit entsprechenden Fernstudienunterlagen und -materialien vorsieht. (5)

Im US-amerikanischen Raum ist mir in einigen Gesprächen mit diözesanen Verantwortlichen für den Schulbereich aufgefallen, dass dort die Frage der Schulpastoral nicht eigens thematisiert, sondern in den Kontext der Frage nach der Bedeutung und Identität Katholischer Privatschulen gestellt wird. (6) Wenn solche Schulen weiterhin mit einem großen personellen und finanziellen Aufwand geführt werden, dann gehören nach deren Meinung ein ganzheitliches Erziehungskonzept sowie eine pastorale Begleitung von Schülern und Lehrern gleichsam zur Schulqualität kirchlicher Privatschulen.(7)

Im Anschluss an ein solches Gespräch in Los Angeles hat sich einmal die Frage gestellt: ist Schulpastoral von einem solchen Verständnis her nicht so etwas wie das unverzichtbare "Salz in der Suppe", bei dem man erst dann merkt, wie wichtig es ist, wenn es fehlt? Gilt für die, die sich in der Schulpastoral engagieren, gar in abgewandelter Form das heraus-fordernde Wort Jesu: "Ihr seid das Salz der Schule ...!" (vgl. Mt 5,13)?

3. Zum Grundkonzept heutiger Schulpastoral

3.1. Schulpastoral als Dienst in doppelter Hinsicht


Schulpastoral versteht sich grundsätzlich als ein Dienst der Kirche in der Schule und an der Schule. Dieser vielfältige Dienst kann von Christinnen und Christen übernommen werden, die aufgrund ihrer Taufe und Firmung Verantwortung übernehmen und die im Bereich der Schule bewusst wahrnehmen. Schulpastoral umfasst alle jene Aktivitäten, wo sich jemand aus christlichem Geist heraus für eine humane Gestaltung des Schullebens und für die Verwirklichung christlicher Grundwerte einsetzt. Theologisch kann Schulpastoral unter der Perspektive von Kirche als communio grundgelegt werden.

Umgekehrt kann Schulseelsorge aber auch als Dienst der Schule an der Kirche gesehen werden. Wenn die Kirche ihren Einfluss in der Schule ausüben und gleichsam "Salz in der Schule" sein darf, dann profitiert auch sie davon. Hier hat sie eine offensichtliche Chance, eine Zielgruppe zu erreichen, die in gewisser Weise ihre Zukunft darstellt.

3.2. Adressaten und Träger

Während früher fast ausschließlich die Schüler die Adressaten waren, sind heute alle in der Schule Tätigen und mit Schule Befassten in das Konzept von Schulpastoral eingebunden, also auch Lehrerinnen und Lehrer, Eltern und Erziehungsberechtigte sowie das Personal. In den vergangenen Jahren hat sich also der Blick von der Schülerseelsorge manchmal zusätzlich zu einer Lehrerseelsorge und heute zu einer Schulseelsorge im umfassenden Sinn geweitet.

Auch unter dem Aspekt der Trägerschaft hat sich eine Ausweitung der Kompetenz ergeben: von Priestern über eine Einbindung von Religionslehrern hin zu allen, die hier Verantwortung übernehmen wollen und können. Nach einem seit dem II. Vatikanischen Konzil gewandelten Selbstverständnis von Pastoral sind aus den "Objekten" der Seelsorge Subjekte und Betroffene geworden, die als Getaufte und Gefirmte in die Verantwortung eingebunden sind und denen nach dem C.I.C. von 1983 sogar eine "vera aequitas" (!) mit den Priestern zuerkannt wird. (8) Für alle Verantwortlichen - ob Priester oder Laien - gilt der pastorale Grundsatz, dass der Dienst der Schulpastoral nicht nur für jemanden angeboten, sondern vor allem mit den Betroffenen geplant und durchgeführt werden soll.

3.3. Ziele und Anliegen offener Schulpastoral

Der Anspruch heutiger Schulpastoral besteht in erster Linie in einer Humanisierung des Schullebens unter der Perspektive der Frohen Botschaft. Dies ist in einer pluralistischen und leistungszentrierten Situation heutiger Schulwirklichkeit kein leichtes Unterfangen. Die Schulpastoral hat dabei das grundlegende Ziel, jeder und jedem einzelnen ihre bzw. seine unverwechselbare Würde als Mensch und Ebenbild Gottes bewusst werden zu lassen und gleichzeitig auch und gerade im schulischen Bereich gegen jede Bedrohung der Humanität anzukämpfen. "Die humane Mitgestaltung aller Dimensionen von Bildung und Erziehung, von Lehren, Lernen und Leisten in der Schule ist der Weg der Schulpastoral schlechthin." (9)

Schulpastoral möchte ihren Beitrag dazu leisten, dass kreative Formen ganzheitlichen Lernens gefördert werden. In diesem Sinn ist es notwendig, im schulischen Kontext Erfahrungs- und Erlebnisräume zu schaffen, wo dies mindestens ansatzweise erfahren und eingeübt werden kann. Die Schule leidet oft darunter, dass solche Angebote ausgelagert werden. Dem könnte Schulpastoral effizient entgegensteuern. Sie kann und soll im schulischen Handlungsfeld Begegnungsmöglichkeiten schaffen, wo das Leben der Betroffenen, ihre Freuden und Sorgen zur Sprache kommen können. Schulpastorale Angebote sollen im Sinn einer Pastoral der Begegnung und Begleitung erfahrbar werden lassen, wie Glaube und Leben sich wechselseitig beeinflussen können.

3.4. Die pastoraltheologischen Handlungskategorien als Leitlinien

Die Gliederungsprinzipien, die seit dem II. Vatikanischen Konzil in der Pastoraltheologie Eingang und breiten Konsens gefunden haben, sind auch für die Schulpastoral relevant. Diese sind die Grundvollzüge der Kirche, an denen sich jede christliche Gemeinde und Gemeinschaft orientieren kann. Keine dieser Handlungskategorien dürfte einseitig überbetont werden oder gänzlich ausfallen. Darauf müssen die für Schulpastoral Verantwortlichen unbedingt achten.

Die martyría, die Bezeugung der Frohen Botschaft, zielt auf das persönliche Zeugnis und Zeugnisgeben im schulischen Handlungsfeld. Sie meint das existentielle Sich-Vertrautmachen mit dem Evangelium im konkreten Alltag. In der Praxis der Schulpastoral könnte dies insbesondere durch Gesprächskreise über Lebens- und Glaubensfragen oder etwa durch Bibelrunden geschehen.

Die diakonia, der Dienst am Menschen, gehört zu den unverzichtbaren Aufgaben der Kirche, an denen ihre Glaubwürdigkeit gemessen wird. Die diakonische Dimension sollte wohl die gesamte Schulpastoral prägen und gleichsam ihr Markenzeichen sein. Der Glaube an die Menschenfreundlichkeit Gottes kann gerade im konkreten Dienst an Schülerinnen und Schülern, an Lehrerinnen und Lehrern und an allen in der Schule Tätigen einen besonderen Ausdruck finden. In der Praxis der Schulpastoral kann sich dies in gegenseitiger Hilfe zeigen, in verschiedenen Beratungsangeboten, im Aufgreifen spezieller Schulnöte und Schulschwierigkeiten. Unter der Perspektive der Diakonia können alle Maßnahmen gesehen werden, die in manchen Schulen unter dem Stichwort "Schulsozialarbeit" erfolgen. Durch gezielte Aktionen im Rahmen der Schulsozialarbeit kann - vielleicht in Zusammenarbeit mit caritativen Institutionen - bei manchen Schülerinnen und Schülern das Verständnis für soziale Fragen geweckt und gefördert werden.

Die koinonia, die geschwisterliche Weggemeinschaft im Leben und Glauben, zielt auf Begegnung und auf die gelebte Gemeinschaft gläubiger Menschen, die sich in ihrer Überzeugung gegenseitig bestärken. Sie meint ein Aufeinander-Zugehen und ein Miteinander trotz mancher Unterschiedlichkeiten. In der Praxis können hier alle Aktivitäten unterstützt werden, die beziehungs- und gemeinschaftsfördernd wirken, seien es Klassen- oder Schulfeste, Elternabende, Einkehrtage oder sonstige Veranstaltungen. Zur Schulpastoral gehören aber nicht nur verschiedenste Aktionen, die in der Schule oder als schulbezogene Veranstaltungen stattfinden. Unter dem Aspekt der koinonia soll deutlich werden, dass die Art des Umgangs miteinander und die Art der Unterrichtsgestaltung selbst schon pastorale Qualität haben (können). Dies muss deutlich in das Bewußtsein rücken, um nicht Schulpastoral auf einen reinen Aktionismus zu verkürzen. Schulpastorale Maßnahmen haben mit der Bewältigung des konkreten Schulalltags zu tun.

Auch die leiturgia, die Feier des Glaubens, ist eine in der Schulpastoral unverzichtbare Dimension. Christen haben von Anfang an nicht nur über ihren Glauben geredet und ihn im Bekenntnis zum Ausdruck gebracht, sondern ihn auch gefeiert. Die Feier des Glaubens soll in den Schulalltag hineinreichen und ihm zu bestimmten Zeiten oder vor bestimmten Festzeiten einen besonderen Akzent geben. In der Praxis zählen dazu verschiedene Formen von Schulgottesdiensten, sei es eine Eucharistiefeier oder ein Wortgottesdienst, ein ökumenischer Gottesdienst, eine Meditation, ein Morgenlob im Advent oder in der Fastenzeit, ein Jugendkreuzweg, eine Besinnung aufgrund eines besonderen Anlasses oder etwa eine Klassen- oder Schulwallfahrt. Bedeutsam ist hier eine gewisse Vielfalt an liturgischen Feiern. Wichtig ist, dass neben der Hochform der Eucharistie ebenso nichteucharistische Feiern ihren Platz und ihre Bedeutung haben.

3.5. Kooperationsbereitschaft

Wichtig für das Selbstverständnis heutiger Schulpastoral ist die Einsicht, dass man die vorhin angedeuteten Ziele und Aufgaben nicht allein realisieren kann (und muss). Im schulischen Handlungsfeld sollte man mit vielen Partnern zusammenarbeiten. Schulpastoral ist auf viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen, die sich ebenso der Humanisierung des Schullebens und einer Förderung von Schulkultur verpflichtet fühlen.

Solche Ansprechpartner gibt es nicht nur in der Schule, sondern auch außerhalb. Eine erste Adresse für die Schulpastoral sind hier wohl die Pfarrgemeinden. Ebenso ist eine Zusammenarbeit mit verschiedenen diözesanen Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit sinnvoll. Gleichermaßen kann sich auch eine Kooperation mit Einrichtungen der Gemeinden, Städte oder des Landes nahelegen, die mit außerschulischer Jugendarbeit befasst sind. Eine Zusammenarbeit empfiehlt sich ferner mit Jugend- und Bildungshäusern.

3.6. Schulpastoral und Religionsunterricht

Schulpastoral und RU sind nicht identisch. Der Unterrichtsgegenstand Religion hat als ordentliches Schulfach eigene Strukturen und Gesetzmäßigkeiten. Dies ist unbedingt zu beachten. Auch ist nicht von vornherein die Religionslehrerin / der Religionslehrer allein für Schulpastoral verantwortlich. Wohl aber wird es - im Sinn der vorhin genannten Kooperation - eine enge Zusammenarbeit und eine Vernetzung aufgrund der gemeinsamen Anliegen von Schulpastoral und RU geben. Auf jeden Fall ist es wichtig, dass in jeder einzelnen Schule die Zuständigkeiten und Abgrenzungen nicht dem Zufall überlassen bleiben. Die Verantwortungsbereiche müssen eindeutig geklärt werden.


Für den RU ist es eine besondere Chance, wenn er über die unmittelbare Unterrichtsarbeit hinaus in bestimmte pastorale Erfahrungsfelder eingebunden wird. Denn die Dimension des Handelns und des Lernens durch Tun, die für den RU unverzichtbar ist, kann in diesem Rahmen aufgrund anderer Voraussetzungen und Möglichkeiten stärker zum Tragen kommen.

Der neue "Lehrplan ´99", der für die Sekundarstufe I (Hauptschule und AHS-Unterstufe) erstellt wurde, fördert von seinem Ansatz her projektorientiertes und fächerübergreifendes Lernen. Die zugrunde liegende Bildungs- und Lehraufgabe (10) sowie sein Konzept einer Vernetzung des RU mit anderen Unterrichtsgegenständen bzw. Bildungsbereichen kommt dem gesamten Anliegen der Schulpastoral sehr entgegen, so dass sich hier strukturell neue Anknüpfungspunkte und Gestaltungsmöglichkeiten ergeben.

4. Zur Organisationsstruktur von Schulpastoral

In der Praxis kann und soll Schulpastoral nicht streng einheitlich "geregelt" und genormt werden. Denn jede Schule hat ihre spezifischen Eigenheiten, ihre Geschichte, ihr eigenes Schulprofil. Dies muß beachtet und ernstgenommen werden. Es bestehen unterschiedliche Voraussetzungen für Schulpastoral je nach Schultyp und Schulart, je nach Schulstandort oder Schulregion. Daher gilt es unbedingt, in der Planung und in der Organisation schulpastoraler Aktivitäten dem Rechnung zu tragen und entsprechend zu differenzieren. Gleichzeitig kann und soll es aber auch gemeinsame Richtlinien geben, deren Reflexion für jede Schule sinnvoll und hilfreich sein kann.


4.1. Verantwortliche in der Schulpastoral

4.1.1. Einbindung mehrerer Verantwortungsträger/innen an einer Schule


Eine entscheidende Frage, die in jeder Schule geklärt werden sollte, ist die der Zuständigkeit(en) und der Verantwortlichkeit(en). Grundsätzlich sollte zunächst darauf hingewiesen werden, dass jede und jeder dafür auch Verantwortung übernehmen darf und soll. Neben den Erwachsenen, die wohl die Hauptverantwortung tragen, sollen aber auch Kinder und vor allem Jugendliche eingeladen werden, so dass die Schulpastoral auf einer möglichst breiten Basis steht. Jede/r, die/der mitarbeiten will, sollte dazu die Möglichkeit erhalten. Durch die Taufe und Firmung sind Christinnen und Christen mündige Glieder der Kirche. Diejenigen, die dies ernstnehmen, sollen ermuntert werden, in der Schulpastoral ihr Charisma einzubringen. Dies gilt nicht nur für Priester oder Religionslehrer/innen, sondern ausdrücklich auch für Lehrer/innen anderer Unterrichtsgegenstände. Dazu sollen sie immer wieder ermuntert werden und dazu soll ihnen auch "der Rücken gestärkt” werden.

4.1.2. Bestellung einer Koordinatorin / eines Koordinators für Schulpastoral

Faktisch können und werden nicht alle die gleiche Verantwortung tragen. Daher ist es in größeren Schulen empfehlenswert, eine/n eigene/n Beauftragte/n zu wählen und zu ernennen, bei der / dem verschiedene Initiativen zusammenlaufen und die / der für die Koordination der Schulpastoral zuständig ist. Sie / er sollte diesbezüglich Ansprechpartner/in und erste Anlaufstelle sein. Analog zu den sogenannten Fachkoordinatoren, die es in einigen Höheren Schulen gibt, soll hier eine bestimmte Person oder unter Umständen auch ein Team bestellt werden, der bzw. dem diese Aufgabe zukommt. Der Name der oder des Betreffenden sollte zu Beginn eines Schuljahres bekannt gemacht werden. Um auch eine gewisse äußere Legitimation zu haben, sollte diese Person oder dieses Team eine offizielle Beauftragung durch die Direktion oder durch das Bischöfliche Schulamt erhalten. Damit könnte der kirchliche Auftrag verdeutlicht werden. Wünschenswert ist auf jeden Fall eine wohlwollende Unterstützung durch die Direktion, bestenfalls auch durch den Lehrkörper. Eine wichtige Aufgabe eines solchen Koordinators ist es, sich auch mit dem zuständigen Gemeinde-seelsorger bzw. Pfarrer in Verbindung zu setzen und Kontakte zur Pfarrgemeinde zu knüpfen.

4.1.3. Ehrenamtliche Mitarbeiter/innen

Wo Erwachsene zur Mitarbeit in der Schulpastoral bereit sind, wird dies zumeist in neben- bzw. ehrenamtlicher Form geschehen. Ohne diesen Einsatz ist Schulpastoral wohl nicht möglich. Dieses Engagement sollte daher auch von kirchenamtlicher Seite entsprechend wertgeschätzt und gewürdigt werden. Ähnlich ist es auch mit der aktiven Beteiligung von Schülerinnen und Schülern. Im Sinne der Vertretung eigener Interessen sollte auf deren Beitrag und Aktivitäten stets großer Wert gelegt werden.

Die Frage, ob es neben den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht auch Hauptamtliche braucht, wird immer wieder kontrovers diskutiert. Manche haben ähnliche Befürchtungen wie in der Gemeindepastoral, dass nämlich durch bezahlte Angestellte das Engagement der Ehrenamtlichen mehr oder weniger zurückgedrängt wird. Manche plädieren dafür, dass (Religions-)LehrerInnen für ihren Arbeitsaufwand mindestens eine bestimmte Lehrpflichtermäßigung bekommen sollten. Inwieweit das allerdings in der derzeitigen angespannten Situation realistisch ist, bleibt offen.

4.2. Arbeitskreise für Schulpastoral

Viele Lehrer/innen, denen Schulpastoral ein Anliegen ist, wünschen sich einen Erfahrungsaustausch auf breiterer Basis. Daher ist es empfehlenswert, schulübergreifende Arbeitskreise zu initiieren, um darin einen "Blick über den eigenen Zaun" werfen zu können und zu sehen, was an anderen Schulen faktisch gemacht wird, wie es durchgeführt wird, was gelingt oder misslingt u.ä. Ein solcher längerfristig geplanter Austausch legt sich insbesondere für die vorhin genannten Koordinatoren für Schulpastoral an den einzelnen Schulen nahe. Solche Veranstaltungen können regional auf Dekanatsebene stattfinden. Auf überregionaler Ebene können sie durch Religionspädagogische Institute organisiert und begleitet werden.

4.3. Ausreichende Infrastruktur

In jeder Schule soll eine ausreichende Infrastruktur angestrebt werden. Dazu gehört in erster Linie, dass entsprechende Räumlichkeiten benützt werden können. Im Idealfall sollte neben einem oder mehreren Gruppenräumen auch ein Meditationsraum oder ein "Ort der Stille" zur Verfügung stehen.

Für bestimmte Aktivitäten und Initiativen sind finanzielle Mittel notwendig. Eine Finanzierung bzw. Subventionierung muss auf jeden Fall rechtzeitig mit der Direktion, dem Elternverein und gegebenenfalls mit anderen Institutionen geklärt werden. Eine Kooperation mit anderen Einrichtungen ist nicht nur unter ideeller, sondern ebenso unter finanzieller Rücksicht notwendig.

4.4. Fort- und Weiterbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Schulpastoral

Interessierte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Schulpastoral sollen in erster Linie ermuntert werden, einschlägige Veranstaltungen und Seminare zu besuchen, die sich beispielsweise mit Gruppenarbeit, mit der Gestaltung von Besinnungstagen, mit Spielpädagogik oder mit Kinder-und Jugendliturgie beschäftigen. Dazu soll auf die Angebote der kirchlichen Jugendstellen, der Religionspädagogischen Institute, des Bildungswerkes und der Bildungshäuser verwiesen werden. Nicht zuletzt empfiehlt sich als spezifische und relativ umfangreiche Fortbildungsmöglichkeit der Fernkurs der Domschule Würzburg für Schulpastoral. (11)

5. Schlussbemerkungen

Schulseelsorge lässt sich im Sinn einer Pastoral der Begegnung und der aufmerksamen Begleitung verstärkt auf die Lebenswelt heutiger Schülerinnen und Schüler, der Lehrerinnen und Lehrer sowie aller in der Schule Tätigen ein. Es ist ihr Grundanliegen, Leben und Glauben im schulischen Kontext in Verbindung zu bringen und dabei Begegnungsräume und Lernfelder zu schaffen, in denen dies gelebt und erlebt werden kann. Dabei gilt es, sich stets neu auf die biblische Botschaft zu besinnen. In diesem Geist soll Schule miteinander menschlich gestaltet werden. In Zusammenarbeit mit anderen Verantwortlichen und mit verschiedenen Einrichtungen, die sich für eine humane Schule und für Schulkultur einsetzen, kann Schulpastoral dazu einen wertvollen Dienst leisten. Das Engagement der in der Schulpastoral Tätigen kann dann so etwas wie "Salz" sein, das "Geschmack" in den Schulalltag bringt.

Schulpastoral erfordert eine tolerante Haltung gegenüber jenen, die damit nichts (noch nichts oder nichts mehr) zu tun haben wollen. Ihre Angebote dürfen nicht aufdringlich sein. Sie sollten auch nicht in einen Aktionismus münden und dadurch gleichsam "die Suppe versalzen". Vielmehr ist eine richtige "Dosierung" notwendig, durch die das "Salz" erst seine eigentliche Qualität zur Wirkung bringt.

Schulpastoral darf auch nicht zu einem leistungsorientierten Selbstzweck werden und die alltäglichen Aufgaben der Schule bzw. der SchülerInnen sowie der LehrerInnen aus dem Blick verlieren. Als Pastoral der Begegnung und Begleitung hat sie - wie das Salz - eine unentbehrliche und zugleich "Geschmack" verleihende Dienstfunktion im gesamten Bildungsauftrag der Schule. Lassen wir uns zu diesem Dienst von der Provokation: "Ihr seid das Salz der Schule...!" (vgl. Mt 5,13) herausfordern?

Literaturhinweise

Anmerkungen

1 Vgl. dazu die neueren Entwürfe einer Pastoral der Begegnung und Beziehung, die die Ansätze des dialogischen Personalismus (im Anschluss an M. Buber, F. Ebner, R. Guardini u.a.) aufgreifen.
In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf einen Beitrag von Stenger, H., Beziehung als Verkündigung. Zur Rolle der Pastoralpsychologie in der Seelsorge, in: J. M. Reuß (Hg.), Seelsorge ohne Priester? Zur Problematik von Beratung und Psychotherapie in der Pastoral, Düsseldorf 1976, 73-90.

2 Der Begriff Schulkultur wird neuerdings oft im Zusammenhang mit Schulentwicklung verwendet.
Zur Frage der Schulkultur verweise ich auf: Habeler, J., Schulkultur. Ein Beitrag zur inneren Schulreform, in: Christlich-pädagogische Blätter 110 (1997), 74-78. Vgl. auch Leitner, R., Schulkultur, in: ders. u.a. (Hg.), Religionspädagogik, Bd. 1, München / Wien 1987, 183-198; ferner: Schneider, J.H., Schule, Schulseelsorge und Schulkultur, in: Katechetische Blätter 110 (1985), 734-742.

3 Vgl. Schulpastoral, in: ÖKUM (Mitteilungen des Schulamtes, der Religionspädagogischen Akademie und des Religionspädagogischen Instituts der Diözese Innsbruck) 9 (1997), H.2, 5-8.

4 Die deutschen Bischöfe Kommission für Erziehung und Schule: Schulpastoral - der Dienst der Kirche an den Menschen im Handlungsfeld Schule, Bonn 1996 (Herausgeber: Sekretariat der Dt. Bischofskonferenz, Kaiserstr. 163, D-53113 Bonn).

5 Vgl. Kirchliche Arbeitsstelle für Fernstudien / Theologie im Fernkurs bei der Domschule Würzburg e.V. (Hg.), Fort- und Weiterbildung Schulpastoral. Befähigung zum Dienst von Christinnen und Christen in der Schule.
Informationen: Kirchl. Arbeitsstelle für Fernstudien, Postfach 110455, D-97031 Würzburg (Tel. 0049/ 931/ 3505-121; Fax -134).
Die Studieneinheiten umfassen folgende Themenbereiche:
- StE I: Lebenswelt, Schule, Religionsunterricht, Schulpastoral - Grundlegung und Übersicht
- StE II: Schule als System, Institution, Lernort, Lebenswelt
- StE III:Kinder und Jugendliche -
ihre Kulturen und ihre Religiosität
- StE IV: Kommunikation und ihre Störungen
in der Schule - Wahrnehmung, Beratung,
Begleitung
- StE V: Theologische Grundlagen für den
Dienst von Christinnen und Christen in der Schule
- StE VI: Schulpastoral - Konzepte und Profile
- StE VII: Aufbau von Schulpastoral vor Ort
- StE VIII: Schulkultur und Gestaltung des
Schullebens
- StE IX: Gestaltungsprinzipien und Arbeitsformen
von Schulpastoral
- StE X: Christinnen und Christen im Dienst in
der Schule - Selbstverständnis und Spiritualität

6 Vgl. dazu die 1997 von der Kongregation für das Bildungswesen herausgegebenen Leitlinien. In diesem Zusammenhang wurde ich auf folgende daraus entnommene Aussage verwiesen:
"The complexity of the modern world makes it all the more necessary to increase awareness of the ecclesial identity of the Catholic school. It is from its Catholic identity that the school derives its original characteristics and its ´structure´ as a genuine instrument of the Church, a place of real and specific pastoral ministry." (Congregation for Catholic education (ed.), The Catholic school on the threshold of the third millenium, Boston 1998, 12f.)

7 Oft übernehmen externe Begleiter bzw. Spirituale, die nicht an der Schule unterrichten, diese Aufgabe. Da und dort werden auch Lehrpersonen zu einer Fortbildung in "Pastoral Counseling” geschickt.

8 Vgl. C.I.C., can. 218.

9 Die deutschen Bischöfe (Anm. 4), 15.

10 Vgl. Langer, W., Religiöse Bildung in der Schule der Zukunft, in: Christlich-pädagogische Blätter 111 (1998), 41-46.

11 Vgl. Anm. 5.