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Schulen ans Netz e. V. fordert ein bildungsgerechtes Urheberrecht und legt ein Memorandum des Informationsrechtlers Prof. Dr. Ulrich Sieber vor.

"Die komplizierten Regelungen des Urheberrechtsgesetzes bleiben selbst für Juristen in ihrer Reichweite unklar und führen auch noch zu höchst unterschiedlichen Meinungen. Wie kann man da erwarten, dass Lehrkräfte die neuen Medien im Unterricht einsetzen und riskieren, sich vielleicht sogar noch strafbar zu machen?", bemängelt Prof. Sieber. Die aktuelle Diskussion um eine weitere Reform des Urheberrechtsgesetzes wird noch immer allein von den Trägern wirtschaftlicher Interessen geprägt. Die Bedürfnisse von Bildung und Wissenschaft wurden und werden dabei bisher nicht ausreichend berücksichtigt. Ein privilegierter Zugang zu Informationen ist jedoch unerlässlich, wenn eine zukunftsfähige Wissensgesellschaft aufgebaut werden soll, in der die neuen Medien effektiv genutzt werden können. Der renommierte Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Ulrich Sieber (Direktor des Freiburger Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht) hat im Auftrag von Schulen ans Netz e. V. ein "Memorandum zur Berücksichtigung der Interessen des Bildungsbereichs bei der Reform des Urheberrechts" veröffentlicht, in dem konkrete Handlungsfelder benannt werden. Der Einsatz der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien in der Schule ist wichtig, weil der sichere Umgang mit ihnen aus gesellschaftlicher Perspektive zunehmend eine Schlüsselqualifikation darstellt. Auch sind die neuen Medien in innovativen Unterrichtsszenarien ein wichtiges Werkzeug zur Unterstützung von selbstständigen, schülerorientierten Lernszenarien. Ein sinnvoller Einsatz dieser Technologien, der auch in vielen Lehrplänen verankert ist, setzt allerdings voraus, dass die Lehrkräfte deren Möglichkeiten auch ausschöpfen können. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass viele Lehrkräfte den Einsatz neuer Medien im Unterricht wegen rechtlicher Unsicherheiten scheuen.

Das von Prof. Sieber und Schulen ans Netz e. V. veröffentlichte Memorandum belegt, dass diese Ängste der Lehrkräfte durchaus ihre Berechtigung haben. "Wenn die Bundesregierung mit Blick auf die Wissensgesellschaft die Nutzung der neuen Medien im Bildungs- und Wissenschaftsbereich fördern will, dann muss sie auch die urheberrechtlichen Rahmenbedingungen dafür schaffen.", fordert Prof. Sieber.

Im Einzelnen zeigt er in dem Memorandum vor allem die folgenden Schwachstellen auf: Die für das vernetzte Arbeiten an der Schule konzipierte Vorschrift des § 52a UrhG ist in ihrer aktuellen Fassung mit einer Reihe von rechtlichen Unklarheiten belastet, die sie als praxisuntauglich erscheinen lässt. So scheint ein Online-Zugriff auf Inhalte innerhalb eines schulischen Intranets oder passwortgeschützten Bereichs einer Homepage nach dieser Vorschrift nur erlaubt zu sein, wenn dies unmittelbar im Unterricht geschieht. Schon für einen Zugriff im Rahmen der Erledigung der Hausaufgaben, etwa von zuhause aus, bietet die Vorschrift keine verlässliche Grundlage. Weiterhin hat der Gesetzgeber bisher nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Computersysteme an Schulen zu gestatten, über die den Schülern an der Schule vorhandene elektronische Inhalte zugänglich gemacht werden können. Und dies, obwohl der Europäische Gesetzgeber die Einrichtung solcher Computersysteme ausdrücklich gestattet und nach wie vor viele Kinder und Jugendliche im häuslichen Umfeld keinen Zugriff auf elektronische Abspielgeräte, wie DVD-Player oder PC, haben. Erhebliche rechtliche Unsicherheiten bestehen außerdem dahingehend, ob privat erworbene oder in einer gewöhnlichen Videothek ausgeliehene Videokassetten oder DVDs im Unterricht vorgeführt werden können Prof. Sieber fordert daher eine Klarstellung im Gesetz, die dies ausdrücklich ermöglicht und damit Lehrerinnen und Lehrer nicht länger zwingt, in einer rechtlichen Grauzone zu agieren. "Durch einen sinnvollen Einsatz der neuen Medien können wir den Unterricht in Schulen und Universitä-ten sehr viel effektiver gestalten. Es ist für mich deswegen unverständlich, wenn wir uns einerseits über schlechte Ergebnisse bei den PISA-Studien wundern, andererseits aber unseren Lehrkräften aufgrund von rechtlichen Unzulänglichkeiten nicht die Möglichkeit geben, einen modernen und medieneffektiven Unterricht zu gestalten", so Prof. Sieber.

Das "Memorandum zur Berücksichtigung der Interessen des Bildungsbereichs bei der Reform des Urheberrechts" ist zu finden unter www.lehrer-online.de/url/memorandum.--


Informationsdienst Wissenschaft - idw - - Pressemitteilung Schulen ans Netz e.V., 18.08.2004