Schulpastoral und Internet
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Lernfabrik oder Lebensraum: Schulpastoral und die Vision einer neuen SchuleNull Bock auf Kirche haben die meisten Jugendlichen heute. Die zwei Mal 45 Minuten —Religionsunterricht in der Woche sind für sie Pflichtveranstaltung wie jedes andere Fach auch. Umgekehrt ist der schulische Religionsunterricht, ob katholisch oder evangelisch, für die Kirchen heute oftmals die einzige Möglichkeit, mit den Kindern und Jugendlichen in Berührung zu kommen. Das Fach Religion ist häufig der einzige Ort, an dem Kirche und damit Religion und christlicher Glaube im Leben der Schüler präsent sind. Was will eigentlich Kirche in der Schule? , Kann Religionsunterricht mehr sein als Wissensvermittlung und kirchliche Verkündigung? Welche Rolle spielt die Schulpastoral im weitgehend weltlich geprägten Schulalltag? Hans-Georg Ziebertz, Professor für Religionspädagogik in Würzburg, setzt sich im Don Bosco Magazin mit diesen Fragen auseinander. Er entwirft seine Vision einer neuen Schule, einer Schule, in der Religion und christlicher Glaube ihren Platz haben, in der sich Schulpastoral nicht auf zwei Stunden Religionsunterricht pro Woche beschränkt, sondern die gesamte Schulkultur prägt. Einer Schule, in der Bildung nicht nur reine Wissensvermittlung meint, sondern vor allem Selbst-Bildung. Schulpastoral und die Vision einer neuen SchuleVon Hans-Georg ZiebertzDie bekannte Losung „Zeit ist Geld" drückt etwas aus, was jeder von uns kennt. „Zeit" ist wertvoll und wir stellen Ansprüche an den Umgang mit der Zeit. Wir wollen mit der Zeit so umgehen, dass wir möglichst viele und gute Erfahrungen in der uns zur Verfügung stehenden Zeit machen. Selbst wenn wir „Zeit vertrödeln", dann aber bitte mit der Erfahrung, dass das notwendig und heilsam war. Oft denken wir im Umgang mit der Zeit an unsere Frei-"zeit", an Sport, Urlaub, usw. Nun gibt es Zeit-"räume" in unserem Leben, die uns sehr viel mehr in Beschlag nehmen. Stellen Sie sich vor, Sie könnten über ein Zeitbudget von 14.000 Stunden verfügen - was würden Sie nicht alles von dieser Zeit erhoffen? 14.000 Stunden in der Schule Schülerinnen und Schüler, die bis zur 13. Klasse die Schule besuchen, halten sich etwa so viele Stunden in der Schule auf, nicht mitgezählt ist das Lernen zu Hause. Reine 14.000 Stunden in der Schule, in der Klasse und auf dem Pausenhof. Lange vorbei ist die Zeit, wo die Schule den Vormittag belegte und der Nachmittag frei war für Spiele und Zeitvertreib. Die Schule ist heute der „Job" der Kinder, sie kann nicht so schnell „abgehakt" werden. Nicht nur die täglichen Hausaufgaben, sondern auch Leistungsdruck und Leistungsängste wirken weit über den Aufenthalt im Schulgebäude hinaus. Die Schule ist heute ein entscheidender Lebensraum für Heranwachsende. Und hören die Kinder von uns Erwachsenen nicht oft genug. Schule sei der „alles" entscheidende Lebensraum? Von der Lernfabrik zum LebensraumEs besteht kein Zweifel, dass die Lernanforderungen an Kinder und Jugendliche steigen. Deutschland lebt von der Bildung seiner Bürger und dem schulischen Lernen wird ein hoher Stellenwert beigemessen. Lernen an der Schule ist in hohem Maße kognitives Lernen. Wo aber Lernen einzig auf Wissenserwerb und Wissensreproduktion abgestellt wird, kommt vieles zu kurz, was mit dem großen Begriff der „Bildung" einst in Deutschland gemeint war. Bildung zielt auf den ganzen Menschen, auf sein Denken, Urteilen und Fühlen, auf Empfindsamkeit, Ästhetik und Kunst. Bildung ist vor allem „Selbst-Bildung", also die Ermöglichung eines Voranschreitens, bei dem der Mensch „Mensch" wird. Die Sorge um die reibungslose Abfolge der einzelnen Unterrichtsfächer im 45-Minuten Takt ist zweifelsohne wichtig, aber sie kann nicht alles sein. Man beginnt allmählich ernsthaft darüber nachzudenken, was es heißt, als Schule nicht Lernfabrik sondern Lebensraum zu sein. Identität entwickeln in der pluralen GesellschaftDie Schule ist heute kein Schonraum mehr. Meldungen über Rechtsradikalität, Drogen und Gewalt gehören zur Tagesordnung. Kinder kommen aus unterschiedlichen familialen Zusammenhängen, manche sind psychisch gering belastbar. Die Vielfalt der Lebenseinstellungen und Lebensentwürfe hat ihr Spiegelbild in der Schule. „Gemeinsamkeiten" müssen oft erst gefunden werden, sie sind nicht mehr in jedem Fall selbstverständlich. Das gilt insbesondere für Fragen der Religion, denken wir nur an den Religionsunterricht, das Schulgebet oder das Kruzifix im Klassenraum. Die Pluralität der Gesellschaft schlägt sich in der Schule nieder. Freilich, es gibt keinen Grund, in ein allgemeines Klagen über Werteverlust zu verfallen. Es ist zu einfach, wenn behauptet wird, mit der Pluralität gehe ein Werteverfall einher. Wohl haben wir es mit einer Differenzierung der Wertestruktur zu tun. Heranwachsende stehen vor der Herausforderung, ihre Identität zu entfalten: nicht gegen, sondern innerhalb der Pluralität. Dabei muss die Schule ihnen helfen. Diese Erwartung betrifft nicht ein einzelnes Fach, sondern den gesamten Unterricht und die Schulkultur. Mit gezielten Projekten die Schulkultur verbessernWenn in diesem Zusammenhang von Schulpastoral gesprochen wird, was ist damit gemeint? Versteckt sich hinter diesem Begriff das Ansinnen, die Kirche in die Schule zurück zu bringen? Soll der Religionsunterricht wieder zur kirchlichen Katechese werden? Oder will die Kirche gar die Schule missionieren? Es liegt auf der Hand, dass sich viele Eltern und auch Lehrer dagegen wehren würden. Daher ist es gut, dieses Missverständnis von vorne herein auszuräumen. Schulpastoral will keine Mission in der Schule. Es geht der Kirche nicht darum, nun die Schule zu entdecken, wo die Gottesdienste leerer werden. Die Kirche will mit dem Begriff der Schulpastoral vielmehr ausdrücken, dass es ihr am Wohl der Lehrer und Schüler im Lebensraum der Schule gelegen ist. Sie will einen Beitrag leisten, Fragen der Humanisierung der Schule auf die Tagesordnung zu setzen und durch gezielte Projekte die Kultur der Schule zu verbessern. Schulpastoral versteht sich als Dienst an der Schule und für die Schule. Schulpastoral bezieht sich nicht nur auf den Religionsunterricht, sondern auf die Schule insgesamt; nicht nur auf die kirchlichen Schulen, sondern alle Schulen. Schulpastoral als Dienst am MenschenZu den Grundvollzügen der Kirche gehört die Diakonie. Diakonie ist ein anderes Wort für „Dienst", genauer: Liebesdienst. Dieser Liebesdienst an und für andere Menschen ist im Doppelgebot der Liebe grundgelegt, das uns das Evangelium anträgt. Gott und den Nächsten zu lieben ist die zentrale Botschaft der Heiligen Schrift. Wenn in diesem Sinn Schulpastoral diakonisch verstanden wird, geht es um eine Hinwendung zu den Kindern und Jugendlichen, ja, zu allen Handelnden in der Schule mit dem Ziel, einen Beitrag zur Vermenschlichung des Schulalltags zu leisten. Geschieht das selbstlos? Die Schule muss den Jugendlichen dabei helfen, in einer pluralen Gesellschaft ihre eigene Identität zu entwickeln. Die Kirche ist in all ihren Vollzügen nie nur auf sich selbst gerichtet. Die Kirche ist in vielen Sektoren unserer Gesellschaft präsent und beteiligt sich an der Zukunftsgestaltung. Der Bereich Erziehung und Bildung steht ihr besonders nahe. Sie geht davon aus, dass der christliche Glaube nach wie vor Impulse für die Gestaltung des Lebens geben kann. Die Kirche weiß, dass sie an ihren Taten gemessen wird. Verdeckte Missionsabsichten könnten das ganze Unternehmen in Misskredit bringen. Daher wird es darum gehen müssen, positive und von allen nachvollziehbare Leistungen zu erbringen. Nicht nur Sache der ReligionslehrerSicherlich sind die Religionslehrer in besonders hohem Maße angesprochen. Schulpastoral in der Schule voranzubringen. Sie erhalten von den bischöflichen Ordinariaten Hilfestellungen, aber sie sind ebenso darauf angewiesen, dass die Option für schulpastorale Aktionen von anderen Lehrern, der Schulleitung und nicht zuletzt von den Eltern unterstützt wird. Die zentrale Frage der Schulpastoral ist, wie ein erfülltes humanes Leben möglich wird und begleitet werden kann. Es ist klar, dass dabei Maßstäbe und Prinzipien aus dem christlichen Glauben zur Geltung kommen. Ein erster Schritt kann sein, an der Schule solche Fragen anzusprechen. Schulpastoral hat nur dann eine Chance, wenn eine entsprechende Bewusstseinsbildung im Lehrerkollegium und mit der Schulleitung geschieht. Am Ende könnte die Schule eine Arbeitsgruppe bilden, die die Entwicklung der Schulkultur als besondere Aufgabe versteht. An kirchlichen Schulen wird man ohne weiteres von Schulpastoral sprechen. An Schulen, in denen dieses Wort Widerstände hervorruft, sollten Religionslehrer ihre Ideen zur Schulpastoral in das Bemühen um eine Verbesserung der Schulkultur einbringen. Soziales Engagement und Meditationsangebote Das größte Angebot, das Lehrer ihren Schülern zu machen haben, sind sie selbst: Als Erwachsene, die Zeit haben und Respekt vor der Würde jedes einzelnen.
Schulpastorale Aktivitäten können sein:
Was die geistliche Dimension betrifft, so taucht diese zum einen in den genannten Aktivitäten auf. Ob es um Fragen der Benachteiligten geht oder um Fragen nach dem Lebenssinn - immer geht es implizit auch um den Beitrag, den der christliche Glaube leisten kann. Zum anderen wird die geistliche Dimension aber auch eigens zum Angebot gemacht: mit einem Raum der Stille; Angeboten zur Meditation; Frühschichten, Einkehrtagen und Gottesdiensten; Einer-Welt-Projekten, Diskussionsangeboten zu ausgewählten Fragen; Spezialrubriken in der Schülerzeitung; usw. Im Mittelpunkt der MenschIm Mittelpunkt der Schulpastoral stehen die Schüler. Nicht die Vielzahl der Aktionen für die Schüler ist damit gemeint, sondern die Qualität des Umgangs mit den Schülern. Das größte Angebot, das wir jungen Leuten zu machen haben, sind wir selbst: als Erwachsene, die ihnen zeigen, dass wir sie mögen; Erwachsene, die Freude an ihrer Entwicklung und an ihrer Leistung haben; Erwachsene, die erkennen, wenn es Probleme, Sorgen oder „Durchhänger" gibt; Erwachsene, die da sind, die Zeit haben und ein offenes Ohr; Erwachsene, die als authentisch, ehrlich und fair erlebt werden; Erwachsene, die Respekt haben vor der Würde des einzelnen, sei es die Erstklasschülerin oder der Abiturient. Wenn es genügend Lehrer gibt, die die Impulse aufgreifen, die unter dem Stichwort „Schulpastoral" derzeit diskutiert werden, hat die Schule eine Chance, menschlicher zu werden. 14.000 Stunden sollten den Versuch wert sein. Prof. Dr. Dr. Hans-Georg Ziebertz, geb. 1956, war lange in der Jugendbildungsarbeit tätig. Zur Zeit lehrt er an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Würzburg, Lehrstuhl für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Das zweimonatlich erscheinende Don Bosco Magazin mit Schwerpunkt Jugendarbeit (28 Seiten) können sie kostenlos abonnieren. Mailen Sie Ihren Abowunsch, Adresse und Geburtsdatum an webmaster@schulpastoral.de————————Information ———————Schulische Begleitung Jugendlicher im Geiste Don Boscos Die Salesianer Don Boscos und die Don Bosco Schwestern begleiten Jugendliche während ihrer schulischen Ausbildung. Ihr ganzheitliches Konzept von Schulpastoral bezieht Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler gleichermaßen in ihr Engagement ein und sorgt dafür, dass alle Beteiligten in einem partnerschaftlichen Miteinander die anstehenden Probleme lösen. Aktuelle Informationen finden Sie unter www.donbosco.de ! In den folgenden Einrichtungen betreuen die Salesianer Don Boscos Schülerinnen und Schüler:
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