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Wir sind Kirche - auch in der Schule

Eine Einladung zum Engagement in der Schulpastoral.

Wer sich heute mit der Schulpastoral näher befassen will, der stolpert zunächst einmal über die ganz unterschiedlichen Begriffe: Die einen sagen "Schulseelsorge", andere sprechen von "Schülerinnen- und Schülerseelsorge" und wieder andere meinen, der geeignetste Begriff sei eigentlich "Schulpastoral". Zu den letzteren, die den Begriff "Schulpastoral" bevorzugen, gehören auch die deutschen Bischöfe. Sie versuchen in der Erklärung ihrer Kommission für Erziehung und Schule vom 22. Januar 1996 mit demTitel "Schulpastoral - der Dienst der Kirche an den Menschen im Handlungsfeld Schule" die unterschiedlichen Begriffe unterschiedlichen Konzepten zuzuordnen. Ganz präzise kann man diese Unterscheidungen nicht treffen, denn dazu wäre es erforderlich, daß die jeweiligen Begriffe jeweils auch reflektiert und bewußt verwendet werden. Aber gewisse Akzentsetzungen können doch mit den unterschiedlichen Begriffen verbunden werden.

Der Begriff Schulpastoral

1.1 Schülerseelsorge
1.2 Schulseelsorge
1.3 Schulpastoral

2. Die Grundlegung der Schulpastoral
2.1 Schulpädagogische Grundlegung

3. Aufgaben, Handlungsfelder und Realisierungsformen der Schulpastoral
3.1 Aufgaben der Schulpastoral
3.2 Handlungsfelder und Realisierungsformen der Schulpastoral

4. Die personellen Kräfte in der Schulpastoral

 

1.1 Schülerseelsorge

Der Begriff "Schülerseelsorge" hat sich bereits in den 50er Jahren entwickelt. Damals hatte man das Problem der inklusiven Sprechweise noch nicht im Blick und sprach daher einfach von "Schülerseelsorge". Insbesondere die Jesuiten, aber auch andere Ordensgemeinschaften hatten begonnen, im Sinne katholischer Elitenbildung für Schülerinnen und Schüler von Gymnasien systematisch Schülerexerzitien anzubieten. In strenger Form nach ignatianischem Muster wurde so versucht, die Schülerinnen und Schüler geistlich für ihr späteres Leben zuzurüsten. In der Erziehungserklärung des II. Vatikanischen Konzils "Gravissimum educationis" hat diese Zielsetzung einen Niederschlag gefunden. Demnach sollten die katholischen Schüler dazu erzogen werden, daß sie in der Lage sind, das Wohl der irdischen Gemeinschaft wirksam zu fördern, und sie sollten bereitet werden zum Dienst an der Ausbreitung des Reiches Gottes, damit sie in einem vorbildhaften und apostolischen Leben gleichsam zum Sauerteig des Heils für die menschliche Gemeinschaft werden können. Im Gefolge der Bildungsreform der 60er Jahre endete besonders bei den weiterführenden Schulen häufig abrupt eine enge Verbindung zwischen Schule und Pfarrgemeinde. Einerseits ging es nun darum, pastorale Handlungsmöglichkeiten in der Schule offenzuhalten bzw. neu zu ermöglichen, andererseits wollte man versuchen, der Isolation des Religionsunterrichts dadurch zu wehren, daß stabilisierende Elemente für die Glaubensweitergabe an junge Menschen unter den veränderten Rahmenbedingungen der Schule geschaffen wurden. Schulgottesdienste, Tage religiöser Orientierung, religiöse Schulwochen oder auch die Arbeit kirchlicher Schülerverbände an der Schule konstituierten das Angebot der Schülerseelsorge. Schülerinnen und Schüler waren die Adressaten dieses Angebots. Getragen wurde es insbesondere von geistlichen Religionslehrern, aber auch von Ordensleuten, von Laien, die als Religionslehrerinnen und Religionslehrer tätig waren, sowie von Pfarrern oder Kaplänen aus der Gemeindeseelsorge. Seit dieser Zeit hält sich das hartnäckige Gerücht, daß Schülerseelsorge vor allem darin bestehe, daß der Kaplan mit der Gitarre in die Schule geht.

1.2 Schulseelsorge

Insbesondere in den katholischen Schulen in freier Trägerschaft, vor allem aber in den Ordensschulen, wurde dieses Konzept der Schülerinnen- und Schülerseelsorge weiterentwickelt zur "Schulseelsorge". In diesem Zusammenhang entstand auch die Rede von der "Schulgemeinde". Schüler, Eltern und Lehrer sowie die übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Schulen wurden als Schulgemeinde im Sinne einer im christlichen Geist begründeten Schulgemeinschaft verstanden. Ihnen allen sollte im Raum der Schule und im Umfeld der Schule Lebenshilfe aus dem Glauben vermittelt werden. Zu den Angeboten für die Schülerinnen und Schüler kamen Angebote religiöser Elternbildung über die Schule in Form von Elternabenden und Elternseminaren hinzu. Auch Lehrerinnen und Lehrer wurden zu Adressaten pastoraler Sorge mit der vorrangigen Intention, ein Wachstum gegenseitigen Vertrauens sowie der gegenseitigen Verbundenheit zu ermöglichen. Didaktische und methodische Ansätze der kirchlichen Jugendarbeit wie auch der Erwachsenenbildung kamen bei diesem Konzept zum Tragen. Zum Teil wurde versucht, ausdrücklich gemeindepastorale Anliegen wie etwa die Sakramentenvorbereitung in kontinuierlichen Gruppen in den Schulen zu verankern. Allerdings mußte dabei die Erfahrung gemacht werden, daß diese Versuche aufgrund der Eigengesetzlichkeit der Schule schnell an ihre Grenzen kamen. Erfahrungen und Methoden der Gemeindepastoral ließen sich nicht einfach auf die Schule übertragen. Trotzdem ist auf diese Weise manche Personalgemeinde entstanden, die als Kristallisationspunkt eine Schule und als "Spiritus rector" eine Ordensfrau oder einen geistlichen Religionslehrer hatte.

1.3 Schulpastoral

Seit etwa zehn Jahren hat sich vermehrt der Begriff der "Schulpastoral" eingebürgert. Der Begriff "Schulpastoral" versucht, die allgemeinen Grundkategorien pastoralen Handelns im Dreischritt von Diakonia, Martyria und Leiturgia zur Grundlage auch des pastoralen Engegaments in der Schule zu machen und dieses Tun wesentlich als Koinonia, also als Weggemeinschaft im Glauben zu begreifen. Ebenso kommt in diesem Begriff das grundlegende, im II. Vatikanischen Konzil neu reflektierte Selbstverständnis der Kirche als Communio zum Ausdruck, wonach alle Gläubigen aufgrund von Taufe und Firmung das Recht und auch die Pflicht haben, in je unterschiedlicher Weise daran mitzuwirken, daß die Frohe Botschaft zu allen Menschen gelangen kann. In einer so verstandenen Schulpastoral wird also die alte Antinomie zwischen Subjekt und Objekt bzw. zwischen Trägern und Adressaten überwunden. Die Schulpastoral will alle Menschen, die im Lebensraum Schule vorkommen, dazu einladen und anleiten, in diakonischem Geist Verantwortung für die humane Gestaltung des Schullebens zu übernehmen. In diesem Sinne beschreibt die Bischöfliche Kommission die Schulpastoral als einen "Dienst der Kirche an den Menschen im Handlungsfeld Schule und dadurch als ein(en) diakonischen Dienst an der Institution Schule selbst. Schulpastoral ermöglicht in vielen unterschiedlichen Maßnahmen, daß die froh und heilmachende Wirkung des christlichen Glaubens im Lern- und Lebensraum Schule erfahrbar werden kann: Eltern, Schüler und Lehrer und andere Mitarbeiter der Schule übernehmen aus ihrer gelebten christlichen Überzeugung heraus Verantwortung füreinander und für den Lern- und Lebensort Schule. Als Christen wollen sie damit auch einen Beitrag leisten zur Mitgestaltung eines humanen Schullebens, das auch immer eine ausgeprägte schulische Lern- und Leistungskultur mit einschließt.

2. Die Grundlegung der Schulpastoral

Am Ende dieses Zitats klingt bereits etwas von der Begründung oder der Grundlegung der Schulpastoral an. Es stellt sich ja die Frage, warum sich die Kirche in dieser Weise in der Schule engagieren will. Und diese Frage stellt sich um so mehr, als mit diesem Engagement zwingend verbunden ist, daß sowohl personelle als auch finanzielle Ressourcen für die Schulpastoral mobilisiert werden müssen. Es sollte auch nicht übersehen werden, daß mit dieser Frage bei manchen Zeitgenossen Ängste verbunden sind, etwa dergestalt, daß die Kirche ihr pastorales Handeln unzulässigerweise in den relativ geschlossenen Raum der Schule übertragen könnte, nachdem sie im offenen Raum der Pastoral keine Erfolge mehr verbuchen kann, und so die Schule für ihre eigenen Interessen mißbrauchen könnte.

2.1 Schulpädagogische Grundlegung

Wenn die Kirche sich mit der Schulpastoral bewußt in den Raum der Schule begibt, dann muß sie zuerst einmal wahrnehmen, wie es heute um die Schule steht. Dabei kann nicht übersehen werden, daß Schule heute vielfältiger Kritik und einem wachsenden Problemdruck ausgesetzt ist. Die Schule ist keine Auswahlgesellschaft, sondern sie spiegelt und bündelt mitunter sogar die Probleme, welche die Gesellschaft insgesamt bestimmen. So kann etwa die zunehmende Gewaltbereitschaft bei Schülern, auch unter den Aspekten von Fremdenhaß und Ausländerfeindlichkeit, nicht einfach vom Binnensystem der Schule her erklärt und auch nicht dort allein gelöst werden. Auch die vielfältigen sozialen Störungen, die bei Schülerinnen und Schülern zu beobachten sind, haben nicht ihre alleinige Ursache in der Schule, sondern sie haben auch und mitunter wesentlich zu tun mit den gelingenden oder eben oft auch mißlingenden Formen familialen Zusammenlebens. Auch für den Zwiespalt zwischen gesellschaftlichen Leistungserwartungen und individuellen Leistungsvollzügen gilt, daß ein Großteil dieses Problems von außen in die Schule hineingetragen wird. So wird etwa die Frage nach der Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit eines dreizehnten Schuljahres derzeit kaum aus der Perspektive der Schülerinnen und Schüler oder unter pädagogischen Gesichtspunkten diskutiert; ausschlaggebend scheint allein die Kassenlage der Länder und die unter Altersgesichtspunkten betrachtete Konkurrenzfähigkeit der Abiturienten auf dem europäischen Bildungs- und Arbeitsmarkt zu sein. Der Unterrichtsbeginn am Morgen wird beinahe ausschließlich von den Fahrplänen der Busunternehmer bestimmt, die natürlich daran interessiert sind, Werksverkehr und Schülerbeförderung möglichst effektiv zu koordinieren. Insgesamt ist festzustellen, daß die Schule für immer mehr Schülerinnen und Schüler, von der zeitlichen Beanspruchung her gesehen, zum eigentlichen Aufenthaltsort geworden ist, obwohl sie bei weitem nicht der alleinige Lernort fürs Leben ist. Andere Lernorte für das Leben, etwa die Familie, der Freundeskreis außerhalb der Schule, die Gemeinschaft im Dorf oder in der städtischen Nachbarschaft oder auch die Pfarrei mit ihren Gruppen und Kreisen sind gegenüber der Schule weit ins Hintertreffen geraten. Immer mehr Schülerinnen und Schüler verweilen immer länger an der Schule. So wird die Schule tatsächlich immer mehr zu einem Lebensraum für Schülerinnen und Schüler, ohne daß sie allerdings recht in der Lage wäre, die damit verbundenen Herausforderungen und Aufgaben wirklich annehmen zu können. Mit der wichtigen Frage, wie aus dem Aufenthaltsraum Schule ein Lebensraum werden kann, also ein Lernort für das Leben und eine Hilfe für die Personwerdung junger Menschen, kommt die Schulpädagogik ins Spiel. Die Schulpädagogik will jungen Menschen im Lebensraum Schule bei ihrer Personwerdung helfen und diese Aufgabe vor allen möglichen Reduktionen etwa auf eine reine Ausbildung oder ein pures Leistungsdenken schützen. Ihr Ziel ist der individuelle und gesellschaftliche Zuwachs an Humanität. Daher bemüht sie sich darum, alle Formen und Elemente schulischen Bildens und Erziehens in ein Schulleben einzubetten, das der Verwirklichung dieses Zieles dienen will und von der Handlungsbereitschaft aller getragen wird, die am Lern- und Lebensraum Schule beteiligt sind. Es geht der Schulpädagogik also um ein möglichst optimales Miteinander von Schülern, Lehrern und Eltern, aus dem eine insbesondere für die jungen Menschen förderliche Schulkultur erwachsen kann. Dieses schulpädagogische Bemühen um eine gute Schule und eine förderliche Schulkultur war sicher ein wesentlicher Anstoß dafür, die Eigenart und die Aufgaben der Schulpastoral neu zu bestimmen. Mit der Schulpastoral bietet die Kirche ihren Dienst an und will dazu beitragen, die Schule mitzugestalten zugunsten der Menschen, die dort leben und arbeiten. So ist die Schulpastoral zunächst und wesentlich dem Zuwachs des Humanum verpflichtet. Entgegen der Kritik, die von seiten des Erzbistums Köln an der Erklärung der Bischöfe zur Schulpastoral geäußert wurde, hier werde alles Humane, das an den Schulen geschehe, mit dem Titel "Schulpastoral" geadelt, muß festgehalten werden, daß das II. Vatikanische Konzil in seiner Erklärung über die christliche Erziehung gerade die Förderung des Humanum als Programm kirchlicher Erziehungstätigkeit beschrieben hat. So bietet die Kirche, wie das Konzil sagt, ihre wirksame Hilfe an "zur Vervollkommnung der menschlichen Persönlichkeit, zum Wohl der irdischen Gesellschaft und zum Aufbau einer Welt, die menschlicher gestaltet werden muß." Dementsprechend, so sagen die Bischöfe, ist die humane Mitgestaltung aller Dimensionen von Bildung und Erziehung, von Lehren, Lernen und Leisten in der Schule der Weg der Schulpastoral schlechthin.

3. Aufgaben, Handlungsfelder und Realisierungsformen der Schulpastoral

Wer den großen und weit ausgreifenden Auftrag der Schulpastoral in die konkrete Praxis seiner eigenen Schule umsetzen will, der sucht natürlich nach konkreten Formen und praktischen Modellen, um zu sehen, "wie Schulpastoral geht." Solche Formen und Modelle gibt es in großer Zahl: Das Schülercafé, die Hausaufgabenbetreuung, Besinnungswochenenden, Frühschichten und Pausenmeditationen; Infobörsen, Kontaktvermittlung zu kirchlichen Gruppen und Aktivitäten, Beratung, Begleitung und Reflexion; Krisengespräche und Vermittlung bei Streitfällen; gemeinsame Schüler - Eltern oder Schüler - Lehrer - Seminare; Gottesdienste, Mitgestaltung von Schulfesten; Fortbildung für Schülermitverwaltungen, die Arbeit der Schülerverbände usw. Die Aufzählung ließe sich noch lang fortführen - und mit jedem konkreten Vorschlag kommen wir der Gefahr näher, daß wir am Schluß eine "Rezeptbuch-Schulpastoral" betreiben, ohne Rücksicht darauf, ob das jeweils die angemessene Form und Möglichkeit der Schulpastoral für die jeweilige Schule darstellt. Frustrationen und Scheitern wären dann unweigerlich vorprogrammiert.

3.1 Aufgaben der Schulpastoral

Die Bischöfliche Kommission hat deshalb darauf verzichtet, etwa einen Reader zur Schulpastoral mit der Präsentation vielfältiger Modelle und konkreter Formen zu erstellen. Vielmehr hat sie versucht, die wesentlichen Aufgaben der Schulpastoral zu skizzieren. So soll die Schulpastoral sich engagieren für eine humane Schule. Dazu ist es erforderlich, daß mit Blick auf die jeweils konkrete Schule danach gefragt wird, was für diese Schule wichtig ist, wo Humanität bedroht ist und was für die Menschen in diesem Lebensraum Schule Not-wendend und hilfreich sein könnte. Die Schulpastoral muß also zuerst die Situation der Schule und der verschiedenen Personengruppen in diesem Lebensraum aufmerksam und differenziert in den Blick nehmen und versuchen, sowohl die einzelnen Problemstellungen als auch die möglichen Antworten darauf möglichst präzise zu beschreiben. Zum zweiten soll die Schulpastoral mithelfen, daß Grundvollzüge des Lebens entdeckt und verwirklicht werden können. So soll ein Beitrag dazu geleistet werden, daß die Schule tatsächlich zum Lebensort wird. Die vielfältigen Erfahrungen von Freude und Gelingen, von Angst und Scheitern, von Angenommensein und Geachtetwerden, von Abgelehntwerden und Alleinsein sollen entdeckt und bewußt gemacht und von Glauben her gedeutet werden. So will die Schulpastoral bei den alltäglichen Grunderfahrungen der Menschen im Handlungsfeld Schule ansetzen und aus der Deutung, die sie vor dem Hintergrund christlichen Glaubens vornimmt, Grundmuster christlicher und humaner Wertorientierung und Lebensgestaltung erschließen. Zum dritten soll die Schulpastoral Erlebnis- und Erfahrungsräume für das Lebenlernen und das Glaubenlernen bereitstellen. Der umfassende Bildungsauftrag der Schule kann um so besser erfüllt werden, als er sich in Lebens- und Handlungszusammenhängen abspielt, in denen die kognitive Dimension mit der emotionalen, der pragmatischen und der sozialen Dimension verknüpft und kultiviert werden kann. Die Schulpastoral wird mit ihren vielfältigen Angeboten dazu beitragen, daß im Lebensraum Schule Menschen in all diesen Dimensionen und Bezügen, also "ganzheitlich" angesprochen werden. Eine vierte Aufgabenstellung sehen die Bischöfe darin, daß die Schulpastoral ergänzende Lern- und Lebensorte des Glaubens erschließt. Daran wird schon deutlich, daß die Schulpastoral nicht als ein Ersatz für anderes konzipiert werden kann. Sie ist also weder ein Religionsunterricht mit anderen Mitteln und auch nicht ein Ersatz für den Religionsunterricht noch kann und will sie etwa die Gemeindekatechese oder die pfarrliche oder verbandliche Jugendarbeit ersetzen. Genauso wenig kann sie an die Stelle qualifizierter Beratung treten. Der Schulpastoral kommt vielmehr in vielen Fällen die Funktion zu, Brücken zwischen den verschiedenen Lern- und Lebensorten des Glaubens zu schlagen und wesentlich an deren Vernetzung mitzuarbeiten. Das ist ja eine Aufgabe, die sie im Rahmen des Pastoralen Dialogs wesentlich dem Religionsunterricht zugewiesen haben, die von der Sache her aber eher der Schulpastoral zukommt.

3.2 Handlungsfelder und Realisierungsformen der Schulpastoral

Die verschiedenen Handlungsfelder und konkreten Realisierungsformen der Schulpastoral lassen sich zum einen ermitteln aus der bereits genannten grundlegenden Analyse der jeweiligen Schulsituation. Sobald Sie mit Kolleginnen und Kollegen, mit Schülerinnen und Schülern, aber auch mit den Eltern und anderen am Schulleben Beteiligten aufmerksam auf die Situation der Schule schauen, werden Sie vieles entdecken, was zu verbessern wäre oder was neu aktiviert werden müßte. Sorgen Sie einfach dafür, daß sich, beispielsweise im Rahmen einer Projektwoche, Phantasie im Hinblick auf eine bessere Schule entfalten kann, und Sie werden keinen Mangel mehr an möglichen Handlungsfeldern für die Schulpastoral haben. Ergänzend dazu bieten Ihnen die Bischöfe zwei Raster an, mit denen Sie ebenfalls solche Handlungsfelder und Realisierungsformen erschließen können: Sie können entweder nach den Grundfunktionen der Kirche vorgehen, also nach der Diakonia als der Ermöglichung von Leben und Glauben, der Martyria als dem Zusprechen von Leben und Glauben, der Leiturgia als der Feier des Lebens und Glaubens und der Koinonia oder Communio als der Weggemeinschaft im Leben und Glauben. Oder Sie können sich auch an den schulstufenbezogenen Aufgaben der Schulpastoral orientieren, indem sie die je spezifische Situation der Schülerinnen und Schüler in den Blick nehmen und daraus die nötigen Handlungsschritte ableiten. Ein ganz spezifisches Angebot kann Ihnen die Domschule mit dem Fort- und Weiterbildungsangebot "Schulpastoral" machen. Mit der Studieneinheit VII gibt Ihnen Frau Thalheimer vom Jugendhaus Wernau, die langjährige Erfahrung in der Schulpastoral hat, eine sehr praktische und gelungene Hilfe zum Aufbau der Schulpastoral vor Ort.

4. Die personellen Kräfte in der Schulpastoral

Wenn Sie die konkreten Aufgaben und Handlungsfelder und die möglichen Realisierungsformen der Schulpastoral an Ihrer Schule eruiert haben, dann stellt sich nach dem klassischen Dreischritt von Sehen, Urteilen und Handeln natürlich die beunruhigende Frage, wer das denn alles tun soll, was man tun könnte und was man tun müßte. Ohne die nötigen personellen Ressourcen wird sich die Schulpastoral nicht tatsächlich verwirklichen lassen. Am Anfang des Vortrags haben wir die Schulpastoral als einen Dienst der Kirche an der Schule beschrieben. Wenn die Schulpastoral ein Dienst der Kirche ist, dann muß die Kirche auch die nötigen personellen Kräfte für die Schulpastoral zur Verfügung stellen. Das ist eigentlich logisch. Und in der Logik, die wir uns diesbezüglich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten angewöhnt haben, heißt das schließlich, daß das Bistum neue Planstellen für die Schulpastoral schaffen muß. Die Bischöfe weisen in ihrer Erklärung zur Schulpastoral aber einen völlig anderen Weg. Nicht, weil neue Stellen derzeit sowieso nicht zu finanzieren sind, sondern weil dieser andere Weg der Sache und dem Anliegen und dem Charakter der Schulpastoral besser entspricht. Die Bischöfe schreiben: "Die Schulpastoral lebt wesentlich davon, daß Christen im Lebensraum Schule ihre originäre Sendungskompetenz entfalten und sich aus pastoraler Gesinnung nach ihren ganz unterschiedlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten für die Gestaltung des Schullebens engagieren. So sind sie die ersten und wichtigsten Träger von Schulpastoral." Es geht also darum, daß die Christinnen und Christen, die im Lebensraum Schule leben und arbeiten, ihre originäre Sendungskompetenz, die sie in Taufe und Firmung empfangen haben, aktivieren und sich so aus christlichem Geist für eine gute Sache engagieren. Wenn also im Zusammenhang mit der Schulpastoral von einem "Dienst der Kirche" die Rede ist, dann ist mit "Kirche" nicht das gemeint, was man mit dem unzutreffenden Begriff der "Amtskirche" oder der "Institution Kirche" gewöhnlich als das Gegenüber beschreibt, mit dem man am liebsten wenig bis gar nichts zu tun hat und von dem man sich nicht nur innerlich möglichst weit distanziert. "Kirche" meint in diesem Zusammenhang vielmehr die Kirche des II. Vatikanischen Konzils, also die geschwisterliche Gemeinschaft aller Getauften und Gefirmten, die ihre jeweilige und spezifische Verantwortung für die Sendung der Kirche jeweils selbst wahrnehmen und sie nicht an Spezialisten abgeben. Zu dieser geschwisterlichen Gemeinschaft gehören auch die Hirten der Kirche und die weiteren geistlichen Amtsträger, also die Bischöfe, die Priester und die Diakone. Ihnen kommt die besondere Aufgabe zu, alle Glieder der Kirche zu diesem gemeinsamen Engagement einzuladen, sie dazu zu befähigen und dabei ermutigend zu begleiten. Sie sehen also, daß die Schulpastoral wesentlich vom Engagement der Christinnen und Christen lebt, die am Schulleben beteiligt sind: Schüler und Lehrer, Schulleitung und Verwaltung, und nicht zuletzt die Eltern sowie die Seelsorgerinnen und Seelsorger in den Gemeinden. Auch wenn Sie jetzt vielleicht skeptisch sind: Die Erfahrung zeigt, daß dort, wo Räume für ein Engagement zugunsten einer guten Schule eröffnet werden, Schülerinnen und Schüler, Eltern und auch Kolleginnen und Kollegen aus dem Lehrerkollegium personelle Kräfte und ein Maß des Engagements freisetzen, das Sie vorher meist nicht vermutet haben. Nebenamtliche oder hauptamtliche Kräfte in der Schulpastoral haben allenfalls die Funktion, zu koordinieren, zu begleiten, anzuregen und zu unterstützen. Den Religionslehrerinnen und Religionslehrern in der Schule kommt bei all dem eine besondere Verantwortung und Funktion zu. Aufgrund der "missio canonica", die Sie empfangen haben und die heute an eine große Anzahl Ihrer Kolleginnen und Kollegen neu verliehen wird, aufgrund dieser "missio canonica" sind Sie nicht nur berechtigt, den Religionsunterricht zu erteilen. Sie sind zugleich auch befähigt und beauftragt, offiziell im Namen und in der Intention der Kirche in Ihrer Schule tätig zu werden. Welche Intention die Kirche mit der Schule hat, das habe ich Ihnen mit dem Hinweis auf die Erklärung des Konzils zur Erziehung bereits dargestellt: Es geht der Kirche um einen Zuwachs des Humanum. Deshalb engagiert sie sich auch für die Schule und für die Menschen, die auf irgendeine Weise zur Schule gehören. Damit dieses Engagement tatsächlich realisiert werden kann, braucht es Menschen, die dazu den nötigen Anstoß geben. Es geht also nicht darum, daß Sie alles alleine machen. Es geht vielmehr darum, anzustoßen, einzuladen, zu motivieren, andere auf den Geschmack zu bringen. Vielleicht beginnen Sie einfach damit, daß Sie sich mit ein paar Kolleginnen und Kollegen zu einer Tasse Kaffee zusammensetzen und Ihre Schule zum Thema Ihres gemeinsamen Gesprächs machen, und zwar in der Perspektive einer guten Schule. Oder beginnen Sie mit einer Arbeitsgemeinschaft mit Schülerinnen und Schülern, die gemeinsam lernen oder Hausaufgaben machen wollen. Oder versuchen Sie einige Eltern oder Großeltern zu gewinnen, die durch ihre Präsenz dazu beitragen können, daß das Warten auf den Schulbus nicht jeden Tag gewalttätigere Formen annimmt. Die Bischöfe haben in ihrer Erklärung zur Schulpastoral darauf hingewiesen, daß das Engagement in der Schulpastoral spezifische fachliche Kompetenzen etwa in den Bereichen Analyse, Planung, Begleitung, Beratung und Umsetzung genauso erfordert wie eine lebendige und zeitgemäße persönliche Spiritualität. Die Kirchliche Arbeitsstelle für Fernstudien bei der Domschule Würzburg hat daher in den vergangenen Jahren in engem Kontakt mit Experten, Verantwortlichen, Praktikern, Verbänden und Gremien im Bereich der Schulpastoral ein Fort- und Weiterbildungsprojekt zur Schulpastoral entwickelt. Dieses Projekt ist so angelegt, daß Sie sich damit persönlich informieren und fortbilden können. Genau so können einzelne Diözesen oder Schulträger diese Materialien nutzen und ergänzend dazu begleitende Angebote machen wie Studientage, Werkwochen und begleitende Supervision. So sehen also, daß die Bischöfe nicht nur den frommen Wunsch haben und die Hoffnung hegen, daß Christinnen und Christen sich einladen und motivieren lassen, je nach ihren individuellen Möglichkeiten zum Aufbau einer vielfältigen und lebendigen Schulpastoral beizutragen. Sie tun auch ganz konkret etwas dafür zum Aufbau einer vielfältigen und lebendigen Schulpastoral beizutragen. Sie tun auch ganz korrekt etwas dafür.

Literaturhinweis:

Weitere wertvolle Hinweise und Grundlagen liefert der lesenswerte Beitrag "Kirche engagiert sich in der Hauptschule über den Religionsunterricht hinaus: Schulpastoral" von Gabriele Rüttiger, der in den Handreichungen zum neuen Lehrplan Katholische Religionslehre, Einführung und Grundlegung, hg. V. Kath. Schulkommissariat in Bayern, München 1997, S. 124 - 127, abgedruckt ist.

Heribert Hallermann


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